Wer waren Ihre Begründer?

Johann Friedrich Meckel d. Ä., Anatom und Arzt in Berlin, begründete die Sammlungen. Sie blieb bis zum Verkauf 1836 im Privatbesitz der Familie. Wie umfangreich die Sammlung des älteren Meckel war, lässt sich nicht eindeutig klären. Er war vorrangig Neuroanatom und stellte vor allem Nervenpräparate her. Die heutigen Sammlungen enthalten ein altes menschliches Rumpfpräparat, bei dem die Brust- und Baucheingeweide seitenverkehrt liegen (sog. Situs inversus). Die Herzspitze zeigt in diesem Präparat nach rechts, der Magen liegt rechts, der Blinddarm links. Auf Grund von einschlägigen Archivalien und anderen Quellen kann das Präparat der Sammlung des älteren Meckel zugeordnet werden.

Situs inversus, ein Präparat aus der Sammlung des älteren Meckel. Die Organe liegen seitenverkehrt

Nach dem Tode des älteren Meckel übernahm sein Sohn Philipp Friedrich Theodor Meckel die Sammlung und brachte sie nach Halle, als er 1779 an der Halleschen Universität die Professur für Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe antrat. Philipp Meckel war bereits zu Lebzeiten ein weithin bekannter und geachteter Mediziner. Berühmt ist seine Doktorarbeit „De labyrinthi auris contentis“ über die Anatomie des Innenohres. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Anatom sondern auch ein international anerkannter Geburtshelfer. Er reiste sogar an den Zarenhof nach St. Petersburg zur Entbindung der Zarin Maria Fjodorowna, der Schwiegertochter Katharinas der Großen. In Halle brachte er den Anatomie-Unterricht auf ein hohes Niveau. Dafür nutzte er den privaten Präparatefundus, den er auf einen Umfang von etwa 3.500 Stücke ausbaute. Zu ihnen gehörten Trocken- und Feuchtpräparate von Organen und Blutgefäßen, Extremitäten, Knochenpräparate und Skelette. Eine Reihe dieser Präparate aus der Zeit von Philipp Meckel sind heute noch in den Sammlungen zu finden. Unter ihnen sind etliche Fehlbildungspräparate, die unter seiner Anleitung für Untersuchungen zu Doktorarbeiten dienten.

Philipp Meckel starb mit 47 Jahren. Er hatte schriftlich bestimmt, dass sein Körper nach dem Tode seziert und skelettiert und sein Knochengerüst zusammengesetzt und einen eigenen Schrank zur Aufbewahrung erhalten solle. Das berühmte Meckel-Skelett ist heute in den Sammlungen in einem besonderen Schrank zu finden. Es weist einen zusätzlichen Wirbel mit einem 13. Rippenpaar (Lendenrippen) auf.

Das Meckelsche Kabinett befand sich damals im Riesenhaus (heute Große Brauhausstraße), das Philipp Meckel 1799 käuflich erworben hatte. Am 12. Juli 1802 führte Meckels Prosektor Carl Friedrich Senff (1776-1816) J. W. v. Goethe (1749-1832) durch die Sammlungen.

Philipp Friedrich Theodor Meckel (1755-1803)

Der Berühmteste der Anatomen-Familie Meckel ist (der nach seinem Großvater benannte) Johann Friedrich Meckel d. J. Er entdeckte den nach ihm benannten Knorpel im Bereich des ersten Kiemenbogens, einen transienter Knorpel während der Entwicklung des Kopfskelettes. Nach ihm ist auch ein Anhängsel des unteren Dünndarmabschnittes, das Diverticulum ilei, benannt (Meckelsches Divertikel), das bei zwei Prozent der Menschen auftreten kann. Er beschrieb außerdem das nach ihm benannte Meckel-Syndrom, einen Fehlbildungskomplex mit folgenden drei Merkmalen: Encephalocele (abnorme Ausstülpung des Gehirnes), Polydactylie (Mehrfingrigkeit und –zehigkeit) und Cystennieren.

Meckel d. J. gilt als einer der Begründer der wissenschaftlichen Teratologie, d. h. der Lehre von den (angeborenen) Fehlbildungen, und der Entwicklungspathologie und Syndromologie. Auf dem Gebiet der vergleichenden Anatomie war er international renommiert; er gilt als der deutsche Cuvier. Meckel d. J. verfasste drei Handbücher (heute würden wir sagen Lehrbücher), und zwar zur menschlichen, pathologischen und vergleichenden Anatomie. Seine Forschungen stützten sich auf die Präparate, die sein Großvater, sein Vater und er über Jahrzehnte zusammengetragen hatten. Die von Meckel d. J. hinzugefügten Stücke machten etwa drei Fünftel des Gesamtbestandes von etwa 12.000 Präparaten aus; andere Schätzungen gehen von bis zu 16.000 Stücke aus.

Johann Friedrich Meckel d.J. (1781-1833) Begründer der wissenschaftlichen Teratologie, der Lehre von den Fehlbildungen

Erst zu Beginn der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts wechselte der Standort in die Residenz. Dort hatte die Anatomie bereits etwa 50 Jahre ihren Sitz, nachdem das Coschwitz‘sche Theatrum anatomicum als Unterbringungsort verlassen worden war. 1836 hatte die Witwe Meckels, Friederika Wilhelmina geb. v. Kleist (1789-1874), die Privatsammlungen für 25.000 Taler an die Universität verkauft. Die Übernahme der Meckelschen Sammlungen war ein großer Gewinn für die Universität, deren anatomische Sammlung bis zu diesem Zeitpunkt nur spärlich mit Präparaten ausgestattet war.

Meckelsches Divertikel. Trockenpräparat, hergest. von P. Eisler, 1892


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