Welche Präparate sind heute in den Sammlungen zu finden?

Die Sammlungen gliedern sich in einen human-anatomischen und einen vergleichend-anatomischen Bereich. Den Sammlungsbestand zeichnen verschiedenste Trocken- und Feuchtpräparate aus. Darunter befinden sich nach wie vor viele Präparate aus den ehemaligen Meckelschen Sammlungen. Im human-anatomischen Sammlungsbereich sind die Präparate nach Gesichtspunkten der systematischen Anatomie geordnet. Dazu gehören solche zum Bewegungsapparat, zu Herz und Kreislauf, zum Atmungs-, Verdauungs- und Geschlechtstrakt, zu harnbildenden und –ableitenden Organen, zu Nervensystem und Sinnesorganen.

Trockenpräparat des Herzens. Präpariert von H. Welcker, 1890.

Injektions- und Korrosionspräparate verschiedener Organe gehören zu den auffälligsten Objekten der Sammlung. Im 17. und 18. sowie bis ins 19. Jahrhundert wurden Blutgefäße mit geschmolzenem Wachs und anderen Injektionsmassen gefüllt, um in den Organen Gefäßaufzweigung und –verteilung erkunden zu können. Einer der berühmtesten Injektionskünstler war der holländische Anatom Frederik Ruysch (1638-1731). Ruysch hatte zwei Sammlungen geschaffen. Die erste verkaufte er später an den russischen Zaren Peter den Großen. Einige Injektions- und Korrosionspräparate stammen aus der Anatomischen Sammlung der Wittenberger Universität, darunter wahrscheinlich auch Ruysch-Präparate. Auch sind im Sammlungsbestand Quecksilber-Injektionspräparate aus den ehemaligen Meckelschen Sammlungen.

Korrosionspräparat der Niere

Mit Injektionsmasse gefülltes Herz mit abgehenden und zuführenden Gefäßen.

Insgesamt nimmt der Bestand an Lehrpräparaten in der human-anatomischen Sammlung einen gewaltigen Platz ein. Der Anteil an systematischem Studien- und Demonstrationsmaterial ist sehr umfassend. Überdies sind weit über 300 Präparate zur Teratologie, d. h. zur Lehre von (angeborenen) Fehlbildungen zu finden. Diese stammen zum größten Teil aus der Meckelzeit. Auffällig sind doppelköpfige Individuen, Sirenen, Zyklopen, Mehrfingrigkeit, Kopflosigkeit usw. Aber auch eine beeindruckende Serie von Präparaten zur normalen menschlichen Embryonal- und Fetalentwicklung ist zu sehen.

Makroschnitt zur Demonstration des Kleinhirns. Hergestellt von H. Welcker, 1876.

In einem zweiten Raum werden Skelette, Schädel und einzelne Knochen aufbewahrt. Ein Teil der Erwachsenenskelette einschließlich der Rumpfskelette stammt noch aus dem Meckelschen Privatkabinett; der größere Teil ist später unter H. Welcker hinzugekommen. Zwei Rumpfskelette zeigen monströse Skoliosen. Viele Präparate geben Auskunft über Knochenaufbau und -struktur sowie über Entwicklung und Wachstum des menschlichen Skelettes.

Buckelbildung durch ausgeprägte Skoliose der Wirbelsäule.

Wie Knochen reagiert, wenn er nicht beansprucht wird, oder wie plastisch Knochen sein kann, wenn man versucht, ihn durch äußere einwirkende Kräfte zu verformen, zeigen etliche weitere Präparate, z.B. der durch ein zu Lebzeiten „zu enges Korsette“ eingeengte Brustkorb einer Frau. Unter den kraniologischen Exponaten befinden sich auch ein Gallscher Schädel und Gipsmodelle der Gallschen Lehre. Von belehrendem Wert sind auch jene Präparate, insbesondere Skelette, die bis auf eine Ausnahme aus der Meckel-Ära stammen. Sie zeigen typische Fehlbildungen und pathologische Knochenveränderungen. Darunter sind osteologische Präparate mit der Bezeichnung „Rhachitis congenita“, die man heute unter einer anderen Diagnose führen muss.

Knochenstruktur des knienahen Femur-Endes.

Fuß mit Schuh – Nachbildung des Fußskelettes. Stellungsanomalien der Knochen des Fußskelettes durch künstliche Verkrüppelung.

Der vergleichend-anatomische Sammlungsbereich besteht aus Hunderten von Fisch-, Amphibien-, Reptilien-, Vogel- und Säugerskeletten und tierischen Feuchtpräparaten, die zum größten Teil aus den Meckelschen Sammlungen stammen und das ursprüngliche zootomische Museum ausmachen. Es sind auch wirbellose Tiere darunter, die Meckel d. J. untersuchte. Der Präparatebestand zur vergleichenden Anatomie ist von großer wissenschaftlicher und historischer Bedeutung. Viele der im 19. Jahrhundert hergestellten und erworbenen Stücken lassen sich heute auf Grund von bestehenden Schutzbestimmungen sowie Ausfuhr- bzw. Einfuhrverboten nicht mehr ersetzen. In den letzten Jahren sind umfangreiche Maßnahmen durchgeführt worden, um die vielen zootomischen Sammlungsstücke zu renovieren, zu erhalten und wissenschaftlichen Untersuchungen zuführen zu können, aber auch, um sie der Öffentlichkeit angemessen präsentieren zu können.

Skelett eines Braunbrustigels.

Dermoplastik der Schimpansin Resi

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